Edmond Halley reist nach Cambridge
Der Astronom Edmond Halley – nach ihm ist der bekannte Komet benannt – war im englischen Wissenschaftsbetrieb eine etablierte Größe. 1677 hatte er eine Methode entwickelt, mit der sich der Abstand zwischen Erde und Sonne berechnen ließ. Nun, sieben Jahre später, hatte ihn die ehrwürdige Royal Society mit einer heiklen Mission betraut: Nach einem Streit mit seinem Kollegen Robert Hooke hatte sich Isaac Newton beleidigt nach Cambridge zurückgezogen und widmete sich dort fortan nur noch Fragen der Theologie und Alchemie. Halley sollte den schrullig-genialen Naturforscher wieder mit der königlichen Gelehrtengesellschaft versöhnen, denn die Mitglieder der Society waren auf Newtons Hilfe angewiesen. Nur ihm trauten sie zu, Keplers Theorie der Planetenbewegung, Galileis Fallgesetze und die Überlegungen des französischen Mathematikers und Naturforschers René Descartes zur Trägheit von Massen miteinander zu vereinen.
Im August des Jahres 1684 reiste Halley daher nach Cambridge. Zu seiner Überraschung stellte er gleich nach seiner Ankunft fest, dass die lange gesuchten Antworten bereits fertig in Newtons Schublade lagen. Mit einiger Mühe gelang es Halley, Newton davon zu überzeugen, seine Erkenntnisse zu ordnen und zu veröffentlichen. 1687 erschienen die „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“, die „Mathematischen Grundlagen der Naturphilosophie“. Bis heute ist es eines der wichtigsten Bücher der Wissenschaftsgeschichte. Es lieferte das Fundament, auf dem die Physik die nächsten 200 Jahre scheinbar unerschütterlich stehen sollte.
Newtons Bewegungsgesetze
Zu Newtons Genie gehörte seine Fähigkeit, auch unsichtbare Dinge erfassen zu können. Was Keplers, Galileis und Descartes Beobachtungen miteinander verband, waren Kräfte. Newton war der erste, der ihr Wirken umfassend beschrieb. Kräfte sind alles, was den Zustand von Materie zu ändern vermag, also die Dinge der Welt beschleunigen und abbremsen kann oder ihnen einen neue Richtung oder Form gibt. Sie lassen Äpfel vom Baum fallen, dehnen Metallfedern, schleudern Kanonenkugeln, verdampfen Wasser, bringen die Sonne zum Leuchten und halten Organismen am Leben. Ihre Fähigkeiten muten dabei geradezu geisterhaft an, denn wir können sie nicht direkt beobachten, sondern erkennen sie allein an ihren Wirkungen.
Newtons erster Geniestreich war es, das Wirken von Kräften in drei einfachen Bewegungsgesetzen zusammenzufassen.
Nach dem ersten dieser Gesetze, dem „Trägheitsprinzip“, verharrt jeder Körper in Ruhe oder gleichförmiger Bewegung, solange er nicht durch äußere Krafteinwirkung gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern. Dass ein Körper ohne äußere Veranlassung passiv bleibt, entspricht der aristotelischen Lehre und unserer Alltagserfahrung. Doch dass ein bewegter Körper seine Geschwindigkeit konstant beibehält, war eine revolutionäre neue Erkenntnis: Lag es doch ganz augenscheinlich in der Natur bewegter Dinge, dass sie, so wie eine rollende Billardkugel, irgendwann von selbst zur Ruhe kommen. Niemand war bisher auf die Idee gekommen, dass ein Körper, einmal in Bewegung gesetzt, seine Reise endlos mit der gleichen Geschwindigkeit in die gleiche Richtung fortsetzten könnte, sofern ihn keine anderen Kräfte daran hindern.
Newtons zweite Erkenntnis war, dass die Beschleunigung einer Masse sich proportional zu der sie verursachenden Kraft verhält: Kraft ist Masse mal Beschleunigung. Dieses „Aktionsprinzip“ besagt, dass bei konstanter Masse eine Verdopplung der Kraft auch zu einer Verdopplung der Beschleunigung führt; verdoppelt sich die Masse, so halbiert sich bei konstanter Kraft die Beschleunigung. Die Bahn des bewegten Körpers ist dabei die lineare Verlängerung der Richtung, aus der die Kraft wirkt.
Das dritte Gesetz, das „Reaktionsprinzip“, besagt, dass die Übertragung einer Kraft von einem Körper auf einen anderen eine gleich große Gegenkraft provoziert. Wie die ersten beiden Bewegungsgesetze lässt sich auch diese dritte Regel leicht auf einem Billardtisch demonstrieren: Stoßen zwei Kugeln zusammen, so kommt die erste Kugel abrupt zum Stillstand, wobei sie ihre Kraftwirkung auf den Kollisionspartner überträgt, der an ihrer Stelle die Reise fortsetzt. Es entsteht also eine Wechselwirkung, bei der eine Aktion, eine gleich große Reaktion erzeugt. Der Gesamtbetrag aller Kräfte bleibt dabei stets erhalten.
Die Schwerkraft regiert das Universum
Die drei Bewegungsgesetze erwiesen sich für Newton schon bald auch als Schlüssel zum Verständnis der gesamten Himmelsmechanik. Am Firmament und auf der Erde wirkten dieselben Kräfte! Doch wenn die Schwerkraft auf der Erde den Apfel fallen lässt, warum fällt dann nicht auch der Mond auf die Erde? Eine weitere Kraft musste im Spiel sein. Nach dem ersten Bewegungsgesetz müsste sich ein bewegter Mond stetig von der Erde entfernen. Newton erkannte, dass der Mond tatsächlich auf die Erde fällt, der Fall aber nach einem unendlich kurzen Zeitraum durch die Fluchtbewegung wieder korrigiert wird; im nächsten Moment fällt der Mond erneut und wieder wird der Fall durch die Flucht kompensiert. Aus diesem Differentialkalkül ergibt sich – auch das konnte Newton nachweisen – die von Kepler beobachtete elliptische Bahn.
Die Gravitationswirkung ist stets gegenseitig. So wie die Erde den Mond und den Apfel anzieht, so ziehen Mond und Apfel auch die Erde an. Die Kraft ist proportional zur Masse „m“ der betrachteten Körper und nimmt im Quadrat des Abstands „r“ ab. Bei einer Verdopplung des Abstands beträgt die Kraft also nur noch ein Viertel. Daher übt der kleine Mond eine dreimal stärkere Anziehungskraft auf die Erde aus, als die riesige, massereiche Sonne. Außer Masse und Abstand wirkt als dritter Parameter noch die Gravitationskonstante „G“, die die Stärke der Anziehung zum Ausdruck bringt. Das Zusammenwirken der drei Einflussgrößen ergibt die Gravitationskraft „F“, mit der Formel
Da die Schwerkraft von der Masse abhängt, hat ein Apfel auf dem Mond nur einen Bruchteil seiner irdischen Gewichtskraft. Nun ließ sich auch Galileis Beobachtung erklären, dass alle Körper gleich schnell fallen: Ein doppelt so schwerer Körper unterliegt zwar einer doppelten Schwerkraft, dafür kann seine Masse aber auch nur halb so schnell beschleunigt werden. Nach dem zweiten Newtonschen Gesetz ist die Beschleunigung für alle Massen daher stets dieselbe.
Newton hatte aus dem chaotischen Wirrwarr der Naturgewalten eine erste fundamentale Kraft herausgelöst. Die Gravitationskraft, die den Apfel fallen lässt und die wir jedes Mal überwinden müssen, wenn wir aufstehen oder eine Treppe steigen, bestimmt auch die Ordnung des ganzen Universums: Unbegrenzt in ihrer Reichweite und durch nichts abschirmbar, bewirkt sie, dass sich überall im All Materie zu kugelförmigen Himmelskörpern, Sonnensystemen und Galaxien verdichtet.
Das Universum als Uhrwerk
Mit den drei Bewegungsgesetzen und der Gravitationsformel hatte der Engländer die Grundlage eines umfassenden mechanischen Weltbilds geschaffen. Die sichtbaren Vorgänge am Himmel und auf der Erde waren ein relativ einfaches Zusammenspiel von Massen und Kräften in Raum und Zeit, das sich mathematisch exakt beschreiben ließ. Mit diesem theoretischen Fundament ließ sich nun auch praktisch arbeiten: Erfahrung, Schätzungen und Intuition wurden durch Berechnungen ersetzt, aus Baumeistern wurden Ingenieure. Die Anzahl der Rollen, die nötig waren, damit ein Flaschenzug eine bestimmte Last heben konnte, der Druck, dem eine Staumauer standhalten musste, die Leistung, die eine Dampfmaschine erbringt, die Bewegungen von Planeten, Äpfeln oder Kanonenkugeln ergaben sich aus mathematischen Formeln. Die Naturgesetze ließen sich nun ganz systematisch in den Dienst des Fortschritts zwingen.
Newtons „Prinzipien“ waren ein erster Höhepunkt der wissenschaftlichen Revolution, Ausdruck einer Zeitenwende, nach der Aussagen über die materielle Beschaffenheit der Welt nicht mehr theologisch, sondern nur noch mathematisch und empirisch gerechtfertigt werden mussten. Das neue Weltbild konnte Newton nur zusammenfügen, weil Kopernikus, Brahe, Kepler, Galilei und Descartes durch jahrelanges penibles Beobachten, Messen, Wiegen, Zählen und Experimentieren hierfür die Grundlagen gelegt hatten.
Wackelige Weltbilder
Gute Theorien machen Aussagen darüber, wie die Welt beschaffen ist. Eine Theorie ist dann gut, wenn die gemachten Beobachtungen mit dem theoretischen Modell in Einklang stehen und Vorhersagen aus ihr abgeleitet werden können. Die Entdeckung des heliozentrischen Weltbildes zeigt eindrücklich, dass alle so gewonnene Erkenntnis immer nur vorläufig ist. Die Menschen, die dem ptolemäischen Weltbild anhingen, waren weder dumm noch naiv. Ihre Theorie befand sich in völliger Übereinstimmung mit dem, was sie beobachten konnten – dennoch unterlagen sie einem Trugschluss. Eine einzige Beobachtung, die nicht mit dem formulierten Zusammenhang in Übereinstimmung gebracht werden kann, bringt eine naturwissenschaftliche Theorie zu Fall. Die alte Erklärung muss dann entweder erweitert oder durch eine völlig neue ersetzt werden. Dieser methodische Zweifel an der Endgültigkeit aller gewonnenen Einsichten ist seit dem 17. Jahrhundert der Motor des wissenschaftlichen Fortschritts. Seitdem tasten wir uns über Irrungen und Wirrungen an das heran, was vielleicht die Wahrheit sein könnte.
Newtons deterministisches Welterklärungsmodell sollte sich als ausgesprochen belastbar erweisen. In den folgenden Jahrzehnten wurde deutlich, dass sich seine Gesetze problemlos auf optische, akustische und elektrische Phänomene übertragen ließen. Der Kosmos schien ein gigantisches Uhrwerk zu sein, bei dem alle Rädchen nach den immer gleichen, verlässlichen Spielregeln ineinandergriffen. Lediglich drei Parameter – Zeit, Raum und Masse – waren notwendig, um dieses Uhrwerk in all seinen Details zu beschreiben. Aus ihren arithmetischen Kombinationen ließen sich sämtliche physikalische Größen ableiten.
Physikalische Grundgrößen
Setzt man die Masse ins Verhältnis zum Raum erhält man die Dichte eines Objekts. Eine hohe Dichte bedeutet viel Masse pro Raumeinheit, somit auch eine starke Gravitation und Trägheit. Der Dichteunterschied erklärt, warum wir mehr Kraft aufwenden müssen, eine Bleikugel in Bewegung zu versetzen, als einen gleichgroßen Pingpongball.
Das Verhältnis von Strecke zu Zeit ist die Geschwindigkeit, mit der sich ein Körper bewegt. Multipliziert man die Geschwindigkeit mit der Masse des Körpers, erhält man den Impuls. Den Impuls können wir uns sich als eine Transportleistung vorstellen oder auch als die Wucht, die ein Aufprall verursacht. Die multiplikative Verknüpfung der beiden Größen bedeutet, dass bei gegebenem Impuls die doppelte Masse mit der halben Geschwindigkeit oder die halbe Masse mit der doppelten Geschwindigkeit bewegt wird.
Nicht mehr ganz so anschaulich wird es, wenn wir die Geschwindigkeitsformel ins Verhältnis zur Zeit setzen. Wir erhalten eine Exponentialfunktion und messen dann „Meter pro Sekunde pro Sekunde“. Dies ist die Definition der Beschleunigung: Sie bringt zum Ausdruck, wie sich die Geschwindigkeit pro Zeiteinheit verändert.
Von hier ist es nur noch ein gedanklicher Katzensprung bis zu Newtons Schlüsselbegriff: Die Kraft – sie wird dem großen Engländer zu Ehren seit 1948 in der Einheit „Newton“ gemessen – erhalten wir, indem wir die Beschleunigung mit der Masse multiplizieren. Kräfte haben, wie erwähnt, das Vermögen, Massen zu beschleunigen oder deren Zustand in sonst einer Weise zu verändern.
Von der Kraft ist es wiederum nur ein kleiner Schritt zu unserer nächsten Größe, der Energie. Rein mathematisch ist sie die Multiplikation der Kraft mit einer Strecke, gemessen in der Einheit „Joule“. Doch wie müssen wir uns eine Kraft, die „auf den Weg gebracht wird“ vorstellen? Tatsächlich ist Energie ein sehr problematischer Begriff. Eine erste Vorstellung erhalten wir, wenn wir uns der Energie über das physikalische Synonym „Arbeit“ nähern. Wenn eine Billardkugel vom Tisch fällt, wird eine Masse beschleunigt und durch den Raum transportiert. Damit wird – durchaus im umgangssprachlichen Sinn – Arbeit verrichtet, denn nach getaner Arbeit sieht die Welt anders aus. Solange sie auf dem Tisch ruht, stellt die Kugel aufgrund ihrer Position im Raum oberhalb des Bodens ein Energiepotential dar, gleichsam Energie in Lauerstellung. Sie ist vorhanden, verrichtet aber keine Arbeit, sondern ruht. Fällt die Kugel vom Tisch, wird die potentielle zu kinetischer Energie. Fällt dieselbe Kugel von einem höheren Tisch, arbeitet die Kugel automatisch härter und setzt somit auch mehr Energie frei.
An dieser Stelle offenbaren sich zwei Merkwürdigkeiten. Die erste ist, dass Energie verschiedene Formen annehmen kann, die untereinander wandelbar sind: Potentielle Energie kann in Bewegungsenergie umgewandelt werden. Chemische Energie, die in einem Stück Holz gefangen ist, wird bei Verbrennung zu Licht- und Wärmeenergie. Ein Generator erzeugt aus kinetischer oder chemischer Energie Strom. Wie eine Substanz kann Energie von einer Form in eine andere fließen. Die zweite Merkwürdigkeit ist, dass es äußere Umstände sind, die bestimmen, wie viel von dem Energiepotential jeweils freigesetzt wird: Die Höhe des Tisches, die Sauerstoffzufuhr bei der Verbrennung, der Wirkungsgrad des Generators. Energie stellt damit letztlich immer nur eine Möglichkeit dar. Die Frage, wieviel Energie insgesamt in der Kugel oder dem Holzscheit steckt, wieviel Arbeit in dem jeweiligen Energieträger gespeichert ist, lässt sich so nicht beantworten; Energie ist eine Größe, die ihr wahres Wesen gut zu verstecken weiß. Der amerikanische Nobelpreisträger Richard Feynman fasste es so zusammen: „Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass wir heute in der Physik nicht wissen, was Energie ist“.
Setzen wir Energie ins Verhältnis zur Dimension Zeit, erhalten wir eine weitere grundlegende Größe, die Leistung, mit der Einheit „Watt“. Ihr Namensgeber, der schottische Ingenieur James Watt, hatte hierfür die anschauliche Einheit „Pferdestärke“ vorgeschlagen. Im metrischen System wurde sie später normiert als die Leistung, die erbracht werden muss, um innerhalb einer Sekunde mithilfe eines Seils und einer Rolle ein Gewicht von 75 kg um einen Meter anzuheben. Lässt man zwei Pferde gegeneinander antreten, hat das Pferd, das die Last schneller angehoben hat, die größere Leistung erbracht – wobei beide Tiere nach wie vor die gleiche Arbeit verrichtet haben.
Die Wirkung ist eine der weniger bekannten physikalischen Größen. Dieses Schattendasein führt sie zu Unrecht, denn die Entdeckung ihrer kleinstmöglichen Einheit markiert, wie wir noch sehen werden, den Beginn der modernen Physik. Bei der Wirkung wird die Energie, nicht wie bei der Leistung durch die Zeit dividiert, sondern mit ihr multipliziert. Die Wirkung folgt stets einem in der Natur allgegenwärtigen ökonomischen Prinzip: Ein durch den Raum fliegendes Objekt wird unter den unendlich vielen möglichen Flugbahnen immer die schnellstmögliche Bahn, die Bahn mit der kleinstmöglichen Wirkung, wählen.
Auch die letzten beiden fundamentalen Größen sind aus der Kraft abgeleitet: Druck und Intensität. Die Bezugsgröße ist in beiden Fällen die Fläche. Druck bezeichnet die Kraft pro Fläche. Die offizielle Einheit „Pascal“, ist etwa aus der Meteorologie bekannt, wo sie die Gewichtskraft beschreibt, die Luftmassen auf die Erdoberfläche ausüben. Intensität ist das Verhältnis von Leistung zu Fläche. Mit ihr lässt sich etwa die Sonnenenergie beschreiben, die pro Zeiteinheit auf die Oberfläche einer Solarzelle trifft.
Nach diesem kombinatorischen Muster lassen sich noch zahlreiche weitere physikalische Größen bilden, die mitunter kryptische Bezeichnungen wie Elektronenvolt, Planck-Kreisfrequenz oder Wärmedurchlasswiderstand tragen. Doch auch hinter ihnen verbergen sich letztlich stets nur Spielarten der drei Dimensionen Zeit, Länge und Masse.
Grundlegende Zusammenhänge von Zeit, Länge und Masse
Kräfte bewegen Materie durch Zeit und Raum
Ende des 18. Jahrhunderts begannen die Naturforscher sich zunehmend auch für ihre drei Rechendimensionen selbst zu interessieren. Was waren Raum, Zeit und Materie eigentlich? Den Raum glaubte man dank Euklids Geometrie im Griff zu haben: Er wurde durch die Dimensionen Höhe, Breite und Tiefe bestimmt. Der rätselhafte Zeitbegriff war aus physikalischer Sicht lediglich etwas gleichförmig Dahinfließendes, das sich durch einen beliebigen regelmäßigen Vorgang, wie das Ticken einer Uhr messen ließ. Am schwersten zu fassen war die Materie. Sie barg nicht nur die Masse und deren Eigenschaften, Trägheit und Gravitation, sondern zeigte im Gegensatz zu Raum und Zeit unzählige Erscheinungsformen. Offenbar gab es verschiedene Sorten von Materiebausteinen. Wie man sich den Aufbau dieser elementaren Einheiten aber vorzustellen hatte, blieb rätselhaft.
Ein erster Vorschlag kam von dem englischen Naturforscher John Dalton. 1803 stellte er in Manchester das erste moderne Atommodell auf, das sich als so erfolgreich erwies, dass es fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch bestand haben sollte. Dabei hatte Dalton eigentlich nur eine Idee aus dem antiken Griechenland neu aufgegriffen: Der Philosoph Demokrit hatte bereits mehr als zweitausend Jahre zuvor erklärt, dass alle Materie aus winzigen Teilchen aufgebaut sei, die er Atome nannte. Ihnen lag die Überlegung zugrunde, dass wenn man ein Ding immer und immer wieder teilt, man zwangsläufig früher oder später an einen Punkt kommen müsse, ab dem eine weitere Teilung unmöglich sei. Dalton beschrieb diese kleinsten Teilchen als kugelförmig und unzerstörbar. Elemente waren Varianten dieser Atome, jedes von ihnen mit einer unterschiedlichen Masse behaftet; Atome, die zum gleichen Element gehörten, waren jeweils völlig identisch. Einige zentrale Eigenschaften jener grundlegenden Bausteine hatte Dalton damit bereits erstaunlich genau beschrieben.
Wer mehr wissen will:
Newton, Isaac (1686): „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“, University of Cambridge Digital Library.
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